Mercedes-AMG GT 63 S E-Performance im Test: Ein Bild von einem GT
SportwagenTestsMercedes-AMG GT 63 S E Performance: Test & HighlightsMercedes-AMG GT 63 S E-Performance im Test : Ein Bild von einem GT816 PS Systemleistung, 320 km/h Spitze und vollelektrisch durch die Stadt. Geht mit diesem langnamigen V8-Kraftmeier – kostet aber auch ein kleines Vermögen.Michael Bräutigam15.02.2025exklusiv für AbonnentenFoto: Achim Hartmann12 Bilder Ist er nicht wunderschön, dieser Hintern des Mercedes- AMG GT ? Dass er zum hybridisierten Topmodell gehört, verraten nur zwei Details: zum einen der rot unterlegte Modell-Schriftzug, zum anderen die doch recht auffällige Ladeklappe unter der rechten Rückleuchte.Die Zusatz-Power aus der netto 4,84 kWh liefernden Batterie gibt es übrigens ohne Aufpreis gegenüber dem verbrennertechnisch gleich motorisierten GT 63 Pro. Man bezahlt sie aber trotzdem in Form von 245 Kilogramm Zusatzgewicht und 139 Litern weniger Kofferraumvolumen. Angesichts des von uns gemessenen Leergewichts von 2.171 Kilogramm beträgt die Zuladung 329 kg. Da die optional buchbaren Rücksitze, die den getesteten GT zum 2+2-Sitzer machen, aber eh nur bedingt als Sitzplatz taugen, reicht das absolut. Die Rücksitze mit Klapplehne kosten 1.904 Euro Aufpreis, die Batterie 139 Liter Stauraum. Als Gran Turismo, für den das Namenskürzel ja steht, ist der AMG sowieso maximal für zwei tauglich. Zudem ist er einer, mit dem man den Alltag ganz entspannt meistern kann. Von der Redaktions-Tiefgarage, wo sich der Akku gerade noch vollgenuckelt hat, geht es im E-Modus gen Landstraße. Mit der Werksangabe von 13 und ermittelten elf Kilometern rein elektrischer Reichweite gibt es zwar kein E-Kennzeichen, aber auch keine verärgerten Nachbarn.Gewicht gut kaschiertDer geschlossene Bruder des SL hat zwar seine Eigenständigkeit verloren, und natürlich erkennt man im Interieur viel Gewohntes aus Stuttgart und Affalterbach. Was per se ja nicht schlecht ist, wenn man vom langsam hochfahrenden Infotainment und zu viel Getouche absieht. Dennoch weckt das Timbre des Vierliter-Direkteinspritzers fast schon nostalgische Gefühle aus Zeiten, in denen bei AMG ein V8 alle Autos ab der C-Klasse motorisieren durfte. Denn wenn sich der Vierliter-Biturbo-V8 unter der lang gestreckten Motorhaube endlich zuschaltet, weiß man: Das hier ist kein normaler Daimler. Bis der Treibsatz volle Betriebstemperatur erreicht hat, blicken wir jedoch auf weitere Teile des Gesamtpakets.Die AMG-Performance-Integralsitze bieten wie das straffe Fahrwerk ausreichenden Alltagskomfort.Denn viele Tugenden seines Vorgängers hat der Mercedes-AMG GT zum Glück in die neue DNA übertragen bekommen. Wie er sich unter anderem dank Wankstabilisierung trotz fast 2,2 Tonnen durch die Kurven wuselt, ganz neutral bis leicht untersteuernd, das ist schon großes Kino. Das Fahrwerk ist sportwagentypisch von der strafferen Sorte, was unweigerlich Abzüge beim Komfort nach sich zieht. Akute Bandscheibenvorfälle sind aber auch auf längeren Fahrten keinesfalls zu befürchten. Die Performance-Sitze schaffen diesen Spagat ebenso.Die Lenkung reagiert sehr direkt und zirkelt präzise, ohne um die Mittellage herum jemals Aufregung zu vermitteln. Die Rückmeldung ist gut, und vor allem in den sportlichen Fahrmodi spürt man am Steuer mehr, als man diesem Trumm von Auto zutrauen würde. Anderswo in dieser Gewichtsklasse fühlt sich das Feedback viel abgekoppelter an. Die Bremse hat einen maximal angenehmen Druckpunkt und lässt sich gut dosieren. Einziger Kritikpunkt: Wenn sich die Rekuperationsstärke während des Bremsvorgangs ändert, muss Mann oder Frau am linken Pedal nachjustieren. Das ist übrigens so breit, dass man fast automatisch zum Linksbremser umschult. Dass die Bremswerte trotzdem nur im Mittelfeld liegen, erklärt sich durch das dann eben doch hohe Gewicht und die voll alltagsfähigen Michelin-Reifen vom Typ Pilot Sport S5. Diese beiden Faktoren verhageln dem GT 63 S auch noch bessere Werte bei den Fahrdynamikversuchen. Seine Geschwindigkeiten im Slalom und beim doppelten Spurwechsel sind im oberen Mittelfeld angesiedelt, für die Champions League reichen sie nicht ganz. Damit aber nun genug der Herumreiterei auf irgendwelchen Zahlen. Wer einen Mercedes-AMG GT mit V8 kauft, hat andere Ziele als Top-Messwerte. Was zählt, sind die Gefühle, die ihm das Auto vermittelt. Und die sind nach einigen Kilometern Landstraße genauso im grünen Bereich wie mittlerweile die Öltemperaturen.11,6l/100 km verbraucht der Mercedes im Testmittel.Also rauf auf die Autobahn und schauen, was der potente Antriebsstrang mit den beiden Herzen dem beleibten Körper entgegenzusetzen hat. Auf öffentlichen Straßen ist der Sport-Plus-Modus das höchste der Gefühle, aber selbst in diesem reicht schon Halbgas aus, um bald an der Marke von 200 km/h zu kratzen. Später werden sich übrigens 190 km/h als das Wohlfühl-Reisetempo herauskristallisieren. Bis 180 ist das Fahrwerk selbst im Komfort-Modus noch ein wenig stößig, über 200 drängen sich Windgeräusche in den Vordergrund und man hört fast nichts mehr vom traumhaften V8-Sound. Leistung im ÜberflussTritt man jedoch das Gaspedal des AMG GT 63 S E Performance beim Zwischensprint komplett durch, dann donnert einem der Dampfhammer derart um die Ohren, dass man Thor höchstpersönlich auf dem Beifahrersitz vermutet. Im gleichen Moment werden sämtliche Rückenverspannungen von Vibrationen und Fliehkräften weggedrückt. Dass sich dabei auch die digitale Geschwindigkeitsanzeige geradezu in neue Sphären zoomt, versteht sich von selbst. Leistung ist eben durch nichts zu ersetzen, außer … Sie wissen schon.Im AMG GT geht es durchaus wohnlich zu. Aber er kostet ja auch fast so viel wie eine kleine Eigentumswohnung in Stuttgart.Ein Kollege (Name der Redaktion bekannt) gibt zu Protokoll: „Mit keinem anderen Auto fahre ich so entspannt mit hohem Tempo durch Autobahnkurven.“ Das fasst das Wesen des Top-GT ganz gut zusammen: brachiale Power, aber im Handling so berechenbar, ja fast schon handzahm, dass nie ein wirklich mulmiges Gefühl aufkommt. Ein Eindruck, zu dem die präzise Lenkung ganz wesentlich beiträgt. Im Vergleich mit den anderen GT-Modellen ist das stärkste auch das sparsamste. Wer möchte, kann den leer gefahrenen Akku entweder für etwas mehr als eine Stunde an die Wallbox hängen (bis 3,7 kW Ladeleistung). Oder zum Nachladen fünf Minuten im Sport-Plus-Modus bei rund 4.000 Touren durch die Gegend fahren. Hierbei hilft die manuelle Getriebe-Einstellung.Über den großen zentralen Touchscreen eröffnen sich zahlreiche Konfigurations-Möglichkeiten.Der Race-Modus bietet auf entsprechendem Terrain dieselbe Möglichkeit, soll – nomen est omen – aber nur auf der Rennstrecke aktiviert werden. Deshalb sei an dieser Stelle noch von einem Ausflug nach Hockenheim erzählt, dass auch im hochdynamischen Bereich alles so easy flutscht, wie man es auf der Landstraße vermuten würde. Natürlich noch brutaler und intensiver, aber nie so, dass man einem Kontrollverlust nahekäme. Die Elektronik regelt in der Sport-Einstellung so spät und feinfühlig, dass man sie gar nicht abschalten muss, was aber durchaus möglich wäre.Was bleibt, ist ein AMG-typisch sehr runder Eindruck. Okay, Umwelt und Kosten klammern wir lieber mal aus (auch typisch AMG), wenngleich der Performance-Hybrid als Feigenblatt fungiert. Doch grundsätzlich ist der GT ein GT geblieben – auch und vor allem als schwere Topversion.Technische DatenMercedes AMG GT 63 S E Perfomance SGrundpreis219.674 €Außenmaße4728 x 1984 x 1354 mmKofferraumvolumen182 bis 675 lHubraum / Motor3982 cm³ / 8-ZylinderLeistung450 kW / 612 PS bei 5500 U/minHöchstgeschwindigkeit320 km/h0-100 km/h2,8 sVerbrauch14,1 kWh/100 kmTestverbrauch11,6 kWh/100 kmAlle technischen Daten anzeigen