Maserati GT2 Stradale im Fahrbericht: Trackday-Sportwagen mit ein bisschen Drama
SportwagenTestsMaserati GT2 Stradale Straßenvariante mit 640 PSMaserati GT2 Stradale im Fahrbericht : Trackday-Sportwagen mit ein bisschen DramaDa der GT2-Renner von Maserati 2024 Fahrer- und Meisterschaftstitel gewann, legen die Italiener nun einen 640 PS starke Straßenvariante auf – und die dürfen wir nun fahren.Jens Dralle14.02.2025exklusiv für AbonnentenFoto: Maserati19 Bilder Da, wieder eine Zahl, schnell ducken! Zack, schon wirft Maserati mit einer weiteren Ziffer, will so Eindruck schinden: Bereits ohne den Flügel generiere der GT2 Stradale 280 kg Abtrieb bei Tempo 280 – und damit knapp doppelt so viel wie die Basis MC20 (145 kg). Und mit dem Flügel in der steilsten Stellung dann bis zu 500 kg. Dafür seien die neuen Bug- und Heckelemente aus Cfk verantwortlich, zudem stecken vorne ein um fünf Prozent größerer Motorkühler. Ach ja: Die Lufteinlässe auf den hinteren Kotflügeln für den Ladeluftkühler fallen um 16 Prozent größer aus. Dennoch könnte gerade nichts egaler sein, jetzt, da das V6-Biturboaggregat bereits unter wüstem, bassigen Turbosummen gen 7.000/min dreht. Also wieder Konzentration auf die 5,4 Kilometer lange Strecke, denn die schaffst du dir nicht mal eben so drauf. Erst recht nicht in einem Mittelmotorsportwagen, hinterradgetrieben, laut Hersteller fahrfertig unter 1,5 Tonnen schwer und dazu in der Lage, in nur 2,8 Sekunden von null auf 100 km/h zu beschleunigen. Man serviere den nächsten GangFünfter Gang, leichter Rechtsknick voraus, kurz die Bremse antippen, weiter beschleunigen. Der fünfte von den acht Vorwärtsgängen des Doppelkupplungsgetriebes bleibt drin, denn das Dreiliter-Triebwerk entwickelt ein maximales Drehmoment von 720 Nm, das zwischen 3.000 und 5.500/min anliegt. Und im großen Gang bringst du noch etwas mehr Ruhe in die Fuhre, die speziell in den engen Kehren der Strecke sich nicht allzu viel Mühe gibt, irgendwelche Illusionen über ihr Antriebslayout aufrechtzuerhalten.Soll der Maserati ja auch auf gar keinen Fall, denn diese selbstverständliche Lebhaftigkeit prägt ihn, zeichnet ihn aus, erhebt ihn über Front- und Heckmotorsportler. Egal, ob MC20, GT2-Renner oder eben jetzt der Stradale: Dieser Grundcharakter bildet das Leitmotiv seiner Chronik, lediglich die Dramatik variiert in den einzelnen Kapiteln. Weil die Rennsportvariante in der ersten vollen Saison im vergangenen Jahr sowohl Fahrer- als auch Teamwertung in der Amateurwertung der Fanatec GT2 European Series gewinnen konnte, befand Maserati, dass es an der Zeit wäre, eine Trackday-taugliches Modell mit Straßenzulassung davon abzuleiten.Eine Schale Carbon, bitteDessen gemeinsam mit Sabelt entwickelten Sitzschalen aus Carbon mit dem hübschen Schriftzug „Made in Modena“ und leuchtend-blauem Alcantara-Bezug packen jetzt zu, verräumen dich und deinen Co tief im ebenfalls aus Cfk gefertigten Monocoque, dass nun aufgrund des Verzichts auf die eine oder andere Dämm- und Dekormatte mehr von seinem Werkstoff zeigen darf. Der Verstellbereich des Lenkrads mit dem recht dicken Kranz, aus dessen oberen Segment blaue und rote Leuchtdioden beim Erreichen der Drehzahlgrenze (irgendwo um 7.700/min, da flirrt die Luft schon arg) den nächsten Gang anmahnen, reicht gerade so für eine passende Sitzposition. Vierpunktgurte (Bestandteil des Performance-Paketes) halten dich endgültig in Position, speziell dann, wenn die Bremsen zupacken – so wie jetzt vor der Fast-90-Grad-Bergauf. Die Scheiben aus Carbon-Keramik-Verbundmaterial fallen vorne zwei Millimeter dicker und im Durchmesser acht Millimeter größer als bei der Basis aus, hinten acht mm dicker und 20 mm größer. Das Pedalgefühl? Klar, angemessen fest, mit nicht zu kurzem Weg. So lässt sich arbeiten. Das gilt auch für die Lenkung, deren Kennlinie dem höheren Gripniveau angepasst wurde. Sie gefällt mit einem angenehm niedrigen Handmoment und solider Rückmeldung, einzig der etwas zu hohe Lenkwinkelbedarf irritiert schon mal.Bitte sprechen Sie jetztInsgesamt jedoch gibt dir der GT2 Stradale das Gefühl, mit dir klar kommunizieren zu wollen. Einzig der von der allgemeinverträglichen Abgasanlage (nur zwei Endrohre, wie schön!) und den Turboladern gedämpfte Klang des 90-Grad-V6-Kurzhubers (Bohrung x Hub: 88 x 82 mm) verschleiert schon mal die Wahrnehmung der tatsächlichen Geschwindigkeit. Ein rasender Schwarm ziemlich grantiger Hummeln, so kommt der Sound rüber. Dazu im Sport-, erst Recht im Corsa-Modus biestiges Ansprechverhalten, ergänzt von jubelnder, jedoch nicht berserkernder Drehfreude. Irgendwelche Besonderheiten? Sicher, das Vorkammer-Verbrennungssystem mit Doppelzündkerzen. Na, und die Trockensumpfschmierung, denn über die verfügt längst nicht jeder selbsternannte Rennstrecken-Held. So tobt der GT2 Stradale im vierten bergauf, vor der S-Kurve kurz runter in den dritten, umsetzen in die hängende Links bergab, wieder hoch in den vierten, das Drehmoment nutzen, Druck auf die Reifen bringen. Auf den 20-Zoll-Felgen steckt der radikale Michelin Pilot Sport Cup 2 R, alltagstauglichere Mischungen stehen ebenfalls zur Wahl. Der Maserati kleistert sich hinunter in die Senke, kurz vom Gas, hoch über die blinde Kuppe von der Fahrbahnmitte aus, um die folgende Rechts optimal zu erwischen. Die Fliehkräfte galoppieren durch Cockpit, zerren an Fahrer und Auto. Doch das mit Unibal-Gelenken verstärkte Doppel-Dreieckslenker-Fahrwerk stabilisieren den Zweisitzer, die adaptiven Dämpfer kommen auch mit der einen oder anderen Curb-Räuberei klar, beruhigen den Aufbau schnell wieder.MaseratiDie Fliehkräfte galoppieren durchs Cockpit, zerren an Fahrer und Auto.Jetzt geht’s Schlag auf SchlagStart-Ziel naht, hochschalten in den Fünften, durchbeschleunigen. Dann wieder: Ankern, S-Kurve bergauf voraus, runterschalten in den dritten. Was im Sport-Modus sehr schnell, aber unspektakulär geschieht, dramatisiert sich im Corsa-Modus zu beinharten Schaltschlägen. Auf die Frage, was die Differenz in den Schaltzeiten beträgt, herrscht erst betretenes Schweigen bei Maserati, dann: „Keine. Es ging uns bei dieser Auslegung ums Erlebnis.“ Ein bisschen Drama also, ebenso wie der bei jedem motivierten Bremsvorgang aktivierte, hektische Warnblinker. Doch wem würde man es nachsehen, wenn nicht einem italienischen Sportwagen. Erheblich sinnvoller erscheint da die Unterteilung des Corsa-Modus in vier verschiedene Schattierungen, in denen die Regelintensität von ABS, Traktionskontrolle und Stabilisierungssystem abnimmt, dazu die Regelstrategie der elektronisch gesteuerten Differenzialsperre angepasst wird. Bereits in der konservativsten Stufe vier erlaubt der GT2 Stradale beim Herausbeschleunigen oder beim zu motivierten Einlenken ein Level an Schwimmwinkel, dass den meisten Fahrern vollkommen ausreichen dürfte. So schaffst du ihn dir recht schnell drauf, den Maserati, und langsam kommt auch die Erinnerung an den späten Einlenkpunkt in Kehre vier und den noch späteren Scheitel in der hängenden Links mit dem malerischen Baum auf der linken Seite wieder zurück.MaseratiDa muss das Sparschwein leider dran glauben, bei 380.000 Euro Grundpreis. Plus 12.500 Euro für das Performance-Paket.Und jetzt: RunterkommenWas für eine Strecke, was für ein Sportwagen. Einer, der für heutige Maßstäbe geradezu puristisch auftritt, vor allem unelektrifiziert, mit fokussierter Hardware und nur so viel Elektronik, wie sie dem Fahrer nutzt – und die sich im Zweifelsfall komplett deaktivieren lässt. Überdies gestaltet sich der Nachhauseweg nicht zur Belastungsprobe für Fahrer und Beifahrer, denn im GT-Modus gestattet der Maserati einen ordentlichen Federungskomfort, zumindest im Rahmen der steifen Grundkonstruktion. Das Getriebe schaltet von selbst sehr sanft und stressfrei, verweilt gerne lang im hohen Gang. Dazu gibt’s über das 10,25-Zoll-Display ein wenig Infotainment und unter dem dreifach verstellbaren Heckflügel ein ganz klein wenig Gepäckraum, beherzt beheizt vom V6. Ein Liftsystem an der Vorderachse erleichtert gegebenenfalls die Einfahrt in die heimische Garage. Und wenn es der GT2 Stradale bis dorthin geschafft hat, spielt eine letzte Zahl vermutlich keine Rolle mehr: 380.000 Euro. Grundpreis. Plus 12.500 Euro für das Performance-Paket.